In der Bibel folgten nach sieben fetten Jahren sieben magere Jahre. Wer sich in der Kommunalpolitik mit den Finanzen beschäftigen muss, der weiß, dass unsere Zeit viel schnelllebiger geworden ist. Heute schlägt ein wirtschaftlich erfolgreiches Jahr bereits nach zwei Jahren mit voller Gewalt zurück. Wären ähnliche Mechanismen in anderen politischen und gesellschaftlichen Bereichen wirksam - so etwa in der Ökologie oder ganz aktuell bei BSE - vielleicht würde dann die Menschheit und insbesondere die Politik etwas pfleglicher mit den natürlichen Ressourcen umgehen.

Doch es hätte viel schlimmer kommen können, wie man leicht feststellt, wenn man die Berichte in der Presse über die Haushaltsberatungen in den Nachbargemeinden aufmerksam verfolgt. Zuführungsraten vom Vermögenshaushalt zur Deckung des Verwaltungshaushalts sind längst keine Einzelfälle mehr.

Deshalb sollten wir unsere Lage realistisch einschätzen. Ich bin weit davon entfernt zu behaupten, dass wir finanziell über dem Berg wären. Ein Blick auf den Investionsplan für die zukünftigen Jahre beweist, wie eng wir finanziell kalkulieren müssen, zumal Rückgriffe auf die Rücklagen nur begrenzt wiederholbar sind. Noch immer bleiben genügend Maßnahmen auf der Wunschliste unerfüllt, und auch eine noch zügigere Entschuldung wäre selbstverständlich wünschenswert. Denn nur so wird sich unser Handlungsspielraum langfristig verbessern.

Aber wir haben in der Vergangenheit schon mehr als sieben magere Jahre hinter uns gebracht. Und deshalb wissen wir, wie dünn Haushaltsentwürfe in solchen Jahren aussehen können. Und es ist festzustellen, dass es selten gelungen ist, einen Haushalt aufzustellen mit positiver Investitionsrate ohne Neuverschuldung wie für das kommende Jahr. Und dennoch sind im Vermögenshaushalt längst überfällige, zukunftsweisende Investitionen vorgesehen, die sich sehen lassen können. Und das, obwohl wir eine Altlast im Abwasserbereich aufzufangen hatten, die einen um fast 400.000 Mark höheren Haushaltsansatz notwendig machte. Ein schlechtes Jahr sieht unseres Erachtens anders aus.

So weit zur Würdigung des reinen Zahlenwerks. Aber außer der wirtschaftlichen Beurteilung muss auch eine inhaltliche Bewertung erfolgen. Und hier erkennen wir Licht und Schatten.

Sehr positiv bewerten wir, dass die Schulen ihre eingesparten Mittel wieder vollständig in das folgende Jahr übertragen können. Somit entsteht ein echter Anreiz, Geld überlegt zu verwalten. Wir bedauern, dass die restlichen Einrichtungen von dieser großzügigen Variante ausgenommen sind.

Auf der Lichtseite sehen wir auch den größten Teil der vorgesehenen Investitionen im Vermögenshaushalt. Die Anschaffung eines Feuerwehrautos und die Überdachung des Schlammsilos bei der Kläranlage haben unsere Unterstützung ebenso wie die Sanierung des Kindergartens in Bombach, wenngleich wir hier nicht verstehen wollen, dass man nicht Nägel mit Köpfen macht, und wegen 'läppischer' 35.000 Mark auf einen vollständigen Wärmeschutz verzichtet. Eine solche Entscheidung passt einfach nicht in die heutige Zeit, in der Energie wieder teurer wird. Sie sollte deshalb unbedingt noch einmal überdacht werden.

Auch die Erneuerung zweier weiterer Straßen im Balger sehen wir schon allein wegen unserer Verpflichtungen im Rahmen der Eigenkontrollverordnung als längst überfällig an. Und dass mit dem Einstieg in die Stadtsanierung sowie in die Dorfentwicklung in Hecklingen nebst Einstieg in die Sanierung des Schlosses Wahlversprechen - nicht nur der ABL - erfüllt werden, freut uns besonders. Und dass mit der Einstellung von 600.000 Mark mit einer aktiven Grundstückspolitik endlich Ernst gemacht werden soll, ist ebenso ein Schritt in die richtige Richtung.

Wie aber allgemein bekannt sein dürfte, haben wir mit der Umsetzung des Beschlusses, das Alte Grün zu bebauen, mehr Probleme. Genau wegen dieser Maßnahme hat unsere Fraktion vor zwei Jahren den Haushalt abgelehnt. Damals hatten wir prognostiziert, dass eine Umsetzung im vorgesehenen Rahmen nicht machbar sein würde, und dass es sich bei den erwarteten Einnahmen für das Jahr 1999 um reine Luftbuchungen handeln würde. Die letzten zwei Jahre haben unsere Einwände eindrucksvoll bestätigt.

Und auch unsere inhaltliche Kritik von damals halten wir ohne Wenn und Aber weiterhin aufrecht. In unserer damaligen Rede hatte ich folgendes ausgeführt:

"Wir (können) nicht an die Verwirklichung der angedachten Grünfläche im Alten Grün glauben. Im Gegenteil, wir befürchten allen Widerreden und allen derzeitigen Planungsabsichten zum Trotz, dass früher oder später die Bebauung eines zweiten Abschnitts auf der Tagesordnung stehen wird.
Dann hätte Kenzingen seinen letzten innerstädtischen Grünbereich verloren, den wir als absolut erhaltenswert betrachten. Es ist das einzige Areal, über das die Stadt im innerstädtischen Bereich noch selbst verfügt. Dies sollte unseres Erachtens nicht kurzfristigen finanziellen Überlegungen zum Opfer fallen."

Weiter hieß es:

"Wir sehen es auch langfristig als falsches Zeichen, wenn nun erneut mit Grundstücksverkäufen die notwendigen finanziellen Mittel zum Ausgleich des Haushalts erwirtschaftet werden sollen. Schon seit Jahren wird eine solche Politik in dieser Stadt betrieben. Die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen binden uns dann regelmäßig in den folgenden Jahren. Zudem wächst die Gefahr, dass sich Kenzingen mehr und mehr zu einer Schlafstadt entwickeln wird."

Davon ist auch aus heutiger Sicht nichts zurückzunehmen. Positiv ist allerdings, dass sich die Stadt nicht mehr finanziell auf Gedeih und Verderb an dieses Projekt bindet. Finanziell ist das Alte Grün im Haushaltsjahr 2001 quasi eine Nullnummer. Kosten in Höhe von 960.000 Mark stehen eingeplante Grundstücksverkäufe von unter einer Million Mark gegenüber. Somit lässt der vorliegende Haushaltsentwurf alle Optionen offen. Was die Finanzen für das Jahr 2001 angeht, lässt sich damit auch für uns leben.

Ein weiterer Punkt soll erwähnt werden, nämlich die Kindergärten. Wir akzeptieren durchaus, dass in allen Bereichen, also auch innerhalb der Kindergärten, mit dem städtischen Geld sparsam und wirtschaftlich umgegangen werden muss. Aber gleichzeitig stellen wir auch fest, dass Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nicht zum Selbstzweck werden dürfen.

Wir dürfen unsere sozialen Verpflichtungen nicht aus den Augen verlieren. Und genau hier laufen wir Gefahr, wenn mit Gebührenerhöhungen gleichzeitig Leistungseinschränkungen einher gehen. Es ist unseres Erachtens ganz einfach stilwidrig und verlässt die zivilisierten Umgangsformen, wenn man einem Kindergarten aufgrund seiner erschwerten Arbeitsbedingungen zusätzliches Personal zugesteht, und dann ohne erneute Anhörung am grünen Tisch die Mittel für diese Stelle wieder streicht.

Selbstverständlich muss auch ein solcher Beschluss wieder geändert werden können, aber dann in der gebotenen Reihenfolge. Der eingeschlagene Weg brüskiert das dort bescäftigte Kindergartenpersonal und stößt die betroffenen Eltern vor den Kopf. Wir erwarten hier zukünftig einfach etwas mehr Fingerspitzengefühl.
 
Insgesamt glauben wir aber, dass mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf positive Weichen gestellt werden. Bei einem 34-Millionen-Haushalt werden auch wir die Zustimmung wegen 30.000 Mark nicht verweigern. Unsere Vorbehalte habe ich vorgebracht. Fassen Sie unsere Zustimmung als ein 'Ja - aber' auf.

Gewissermaßen als Nachwort möchte ich darauf verweisen, dass wir die geänderte Form des eingebrachten Entwurfes als sehr positiv empfanden. Durch die Beifügung des Vorberichtes und des Investitionsplanes werden die Gedanken der Verwaltung leichter nachvollziehbar, so dass sich manche Frage erübrigt. Diese Worte möchte ich damit verbinden, dass auch wir der Verwaltung für ihre Arbeit danken.